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Biogasanlagen für die Spitzenlast

Was genau ist die Spitzenlast?

Ähnlich wie beim Verkehr gibt es auch beim Verbrauch von Strom Stoßzeiten und Flauten. Morgens, mittags und abends erreicht der Stromverbrauch Spitzenwerte. Nach Mitternacht ist er dagegen besonders niedrig. Unterschiedliche Kraftwerkstypen decken diese Schwankungen ab.

Eine bestimmte Leistung, die rund um die Uhr nachgefragt wird, bezeichnet man als Grundlast. Die dafür eingesetzten Kraftwerke, die so genannten Grundlastkraftwerke, sind ständig in Betrieb. Zu diesen Dauerläufern gehören vor allem die Braunkohle- und Kernkraftwerke, aber auch Laufwasserkraftwerke. Aufgrund der “relativ geringen Brennstoffkosten” sind sie besonders für den Grundlastbereich geeignet. Unter diesen Bedingungen kann aber nur kostengünstig Strom produziert werden, wenn die Anlagen fast ohne Unterbrechung mit voller Leistung betrieben werden.

Zur Mittagszeit oder am frühen Abend herrschen Phasen besonders hoher Netzbelastung, die meist nur kurz andauern. Zur Deckung dieser Spitzenlast werden Kraftwerke eingesetzt, die bei plötzlichem Bedarf in wenigen Minuten ihre volle Leistung bringen. Diese Sprinter unter den Stromerzeugern sind allerdings nicht nur schnell, ihr Strom ist auch besonders teuer. Der Grund: Sie arbeiten immer nur für kurze Zeit, die übrige Zeit stehen sie still und verdienen kein Geld. Zu den Spitzenlasterzeugern zählen zum Beispiel die Pumpspeicherkraftwerke und Gasturbinenkraftwerke.

Doch nicht nur im Tagesverlauf ändert sich der Strombedarf. Im Wochenverlauf dominieren die Werktage, und im Winter können niedrige Temperaturen und die langen und dunklen Nächte genauso für eine höhere Stromnachfrage sorgen wie die immer mehr verbreiteten Klimaanlagen an hei­en Sommertagen. Die Verbrauchskurve sieht im Jahresverlauf also ganz unterschiedlich aus.

Energieproduktion aus Biogasanlagen

Die Stromerzeugung aus Biogas lag 2010 bei etwa 12,8 Mrd. kWh, was etwa 2,1 % des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland bzw. ca. 12,6 % der Strombereitstellung aus erneuerbaren Energien entspricht. Die Produktion von Bioenergie hat ihre obere Grenze. Insgesamt verfügt Deutschland über 17 Mio. ha landwirtschaftlich genutzte Fläche, die sich in 12 Mio. ha Ackerfläche und 5 Mio. ha Grünlandfläche aufteilt, und über ca. 11 Mio. ha Waldfläche. Nachwachsende Rohstoffe wuchsen im Jahr 2010 auf über 2,1 Mio. ha. Das sind gut 18 % der Ackerflächen Deutschlands. Zusätzlich liefern die 11,1 Mio. ha Wald – die immerhin ein Drittel der bundesdeutschen Fläche ausmachen – Holz für die Industrie und die Energieversorgung.

Biogasanlagen werden bisher für die Deckung der Grundlast eingesetzt. Die Verweilzeit der Biomasse zur Vergärung in dem Fermenter ist direkt proportional zu der Quantität der für die Methanisierung notwendigen Mikroorganismen. Das bedeutet auch, eine ständige, auf einem berechenbaren Niveau gehaltene Produktion von Biogas ist bisher nur für die Deckung eines durchgehenden Bedarfs an Energie, ob Wärme und/oder Strom sinnvoll. Also der Grundlast.


Stromproduktion aus Biomasse, Quelle: BMELV.

Die Deckung der Spitzenlast durch die Erneuerbaren gestaltet sich schwierig. Der durch Windenergie- oder Photovoltaikanlagen eingespeiste Strom ist schwer kalkulierbar. Wind weht nicht ewig, Nachts scheine Sonne. An der Strombörse werden die intra-day Bedarfslücken gehandelt. Noch sind die Prognosen nicht genau genug, um hier Abhilfe zu schaffen. Anders dagegen könnten Biogasanlagen verlässlich für die Deckung des Spitzenbedarfs eingesetzt werden. Notwendig dafür sind große Gasspeicheranlagen bis die Fermenter auf maximale Biogasproduktion hochgefahren oder Anlagen, die schnell auf Volllast hochgefahren werden können.

Forschungen

Interessant für diese Form der Erlöse ist ein Forschungsprojekt unter Leitung von Professor Loewen aus dem Fachgebiet “Nachhaltige Energie- und Umwelttechnik” (NEUTec) der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst. Eine Gruppe von Wissenschaftlern prüfte Möglichkeiten durch die Trennung der Hydrolyse von der Methanisierung. Sie wiesen in Versuchen mit unterschiedlicher Stoßbelastung eine direkte Abhängigkeit zwischen der Substratmenge und produzierter Biogasmenge nach. Nach 2–4 Stunden war die volle Leistung erreicht. In einem Festbettreaktor verweilen die für die Methanisierung notwendigen Mikroorganismen auf Feststoffen mit großen Oberflächen, wie Keramiken und Kunststoffen, gebunden. Dadurch wird schon zu Beginn der Fütterung eine rel. hohe Konzentration in dem Fermenter geschaffen – unabhängig von dem Fortschritt der Gärung. Schon im Vorfeld zeigten die Untersuchungen der Universität Cottbus, dass durch den Einsatz des Festbettes eine 15–20 % höhere Methanbildung erzielt werden kann. Die Ergebnisse zeigten auch, dass die Anlage komplett abgeschaltet werden kann. Die kurzen Anfahrzeiten erfordern zur Überbrückung der Stromschwankungen somit nur kleine Gasspeicher bis die Anlage eine volle Leistung fährt. Im Verbund könnte diese Form der Stromproduktion über die virtuellen Kraftwerke Größen erreichen, die bei kurzfristig entstehenden Bedarfslücken im Bereich positive Minutenreserve eingesetzt werden kann. Mit der Flexibilitätsprämie wurde ein Werkzeug geschaffen, diese Technik auf dem Regelenergiemarkt einzusetzen.